Lesetipps für Sommer und Urlaub

„Sommer ist die Zeit, in der es zu heiß ist, um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war“, soll der Schriftsteller Mark Twain gesagt haben. Davon lassen wir uns nicht irritieren. Die beste Zeit zum Lesen ist doch der Sommer, wenn die gestresste Seele endlich entspannt „baumeln“ kann. Relaxt im Liegestuhl unter einem schattenspendenden Baum, auf dem Badetuch am Strand, mit Sand zwischen den Zehen und wahlweise dem Geruch nach Tang oder Kiefernzapfen in der Nase oder wie Goethes Werther mit dem Homer als Taschenbuchausgabe (sehnlichst gewünscht und geschenkt von Lotte), immer griffbereit bei seinen Spaziergängen durch Wald und Wiesen.

Nachgefragt bei den Mitstreiterinnen meines Lesekreises, hier die Tipps von Beata und Iris:

Die Känguru-Chroniken – Ansichten eines vorlauten Beuteltiers
von Marc-Uwe Kling

Eine kleine Einführung und Leseprobe:
»Ich bin ein Känguru – und Marc-Uwe ist mein Mitbewohner und Chronist. Nur manches, was er über mich erzählt, stimmt. Zum Beispiel, dass ich mal beim Vietcong war. Das Allermeiste jedoch ist übertrieben, verdreht oder gelogen! Aber ich darf nicht meckern. Wir gehen zusammen essen und ins Kino, und ich muss nix bezahlen.« Mal bissig, mal verschroben, dann wieder liebevoll ironisch wird der Alltag eines ungewöhnlichen Duos beleuchtet. Völlig absurd und ein großer Lesespaß.

Die Bücherdiebin
von Markus Zusak

Am Grab ihres kleinen Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Mit dem „Handbuch für Totengräber“ lernt sie lesen und stiehlt fortan Bücher, überall, wo sie zu finden sind: aus dem Schnee, den Flammen der Nazis und der Bibliothek des Bürgermeisters. Eine tiefe Liebe zu Büchern und Worten ist geweckt, die sie auch nicht verlässt, als die Welt um sie herum in Schutt und Asche versinkt. Liesel sieht die Juden nach Dachau ziehen, sie erlebt die Bombennächte über München – und sie überlebt, weil der Tod sie in sein Herz geschlossen hat.

Und hier mein besonderer Vorschlag:
In der Ferne das Glück
von Heike Klapdor und Wolfgang Jacobsen

Heike Klapdor ist meine außerordentlich geschätzte Lehrerin und Mentorin, die uns im Deutsch-Leistungskurs des Abend-Gymnasiums über zwei Jahre begleitete und in ihrem Unterricht neue Türen aufstieß – durch die ausführliche Beschäftigung mit Literatur. Schon in den 90er Jahren, zu meinen Zeiten am Berlin-Kolleg, war der Film ihre Passion. Wie schön, sie auch als Autorin kennen zu lernen!

Die Herausgeber haben in diesem Buch unveröffentlichte Filmmanuskripte deutscher Exilautoren für die Hollywood-Studios zusammengetragen. Populäre Autoren der Zeit wie Vicki Baum, Heinrich und Klaus Mann oder Joseph Roth entwarfen Stoffe für das große Kino, versierte Regisseure, Drehbuchschreiber und Produzenten wie Fritz Kortner, Luis Trenker und Willi Wolff bemühten sich um Verträge. Aus dem Nachlass des erfolgreichen Agenten Paul Kohner stammen die hier erstmals publizierten Filmerzählungen.
Individuelle Konflikte stehen neben zeitgeschichtliche Katastrophen: Träume von Liebe und Glück, der Kampf ums tägliche Überleben und heroische Abenteuer werden in tragische, komische, satirische, anrührende, mitunter auch triviale Geschichten gefasst und geben einen ungewöhnlichen Einblick in Emigrantenschicksale und das Business der Traumfabrik Hollywood – ein neues, interessantes Kapitel deutschsprachiger Exilliteratur.

Gleichzeitig liegt ein Klassiker neben meinem Gartenstuhl:
Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
von Thomas Mann

Keine Angst vor einem Autor, dessen Werk als hohe Schule der deutschen Sprachkunst gilt, der aber durch seine verschachtelten Sätze als schwer lesbar beurteilt wird. Dagegen ist die Lebensbeichte des eloquenten Lebenskünstlers Felix Krull so amüsant und spritzig gehalten wie der Champagner „Loreley extra cuvée“, den Vater Krull produziert. Durch aufwändige Verpackung täuscht Krull senior vor, ein Spitzenprodukt zu vertreiben, das in Wirklichkeit ein Verschnitt minderwertiger Trauben ist, angereichert mit unklaren Zusätzen.
Der Champagner quasi als bildliche Vorlage des Sohnes: Sonntagskind und Frauenliebling, narzistisch und verwöhnt, ohne Schulabschluss und mittellos, dabei dem Luxus zugetan, exzellenter Schauspieler, charmanter Dieb, versierter Blender und unwiderstehlicher Verführer – in wechselnden Rollen schlägt sich Felix Krull durch die Wechselfälle des Lebens. Amüsant, reizvoll und herausfordernd, doch im Wesen unbeständig wie der moussierende Schaumwein, der zunächst betörend anregt, doch bereits nach kurzer Zeit schal im Glas zurückbleibt …

Hinterlasse einen Kommentar